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Brief für GmbH-GF/-Gesellschafter des Monats Dezember 2012


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Vertrauensschutz in den Fortbestand einer steuerrechtlichen Regelung

2.

Kürzung des Urlaubs bei Kurzarbeit zulässig

3.

Gelangensbestätigung: Praktikable Lösung in Sicht

4.

Kfz-Nutzung: Ist die 1 %-Methode verfassungsgemäß?

5.

Korrektur von Rechnungen bei Umkehr der Steuerschuldnerschaft

6.

Markt- und Flexibilitätsprämie nach dem EEG in der Umsatzsteuer

7.

Steuerfreie Veräußerung nach vorheriger Teilwertabschreibung

8.

Wer vertritt eine AG im Rechtsstreit gegen eine GmbH?

9.

Aufrechnung im Insolvenzverfahren

10.

Bildung von Rückstellungen wegen zukünftiger Betriebsprüfungen



1. Vertrauensschutz in den Fortbestand einer steuerrechtlichen Regelung

Kernaussage
Nach dem Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20.12.2001 sollten die nach Einkommen- oder Körperschaftsteuerrecht außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile aus sogenannten Streubesitzbeteiligungen (weniger als 10 %) rückwirkend für das Jahr 2001 im Gewerbesteuerrecht dem Gewinn wieder zugerechnet werden. Diese rückwirkende Geltung ist nichtig, soweit die Dividenden bis zum Beschluss des Vermittlungsausschusses am 11.12.2001 zugeflossen sind.

Sachverhalt
Die Klägerin des Ausgangsverfahrens ist eine Beteiligungs-GmbH, die im Streitjahr 2001 eine Streubesitzbeteiligung von weniger als 10 % des Stammkapitals an einer anderen GmbH hielt. Die Gesellschafterversammlung dieser anderen GmbH beschloss am 15.12.2001 eine Vorabausschüttung. Eine entsprechende Gutschrift auf dem Konto der Klägerin erfolgte am 19.12.2001. Das Finanzamt erfasste diesen Betrag im Gewerbesteuermessbetrag als Gewinn der Klägerin aus Gewerbebetrieb und berief sich auf die Rückwirkung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungsvorschrift. Die Hinzurechnung der Streubesitzdividenden bei der Gewerbesteuer wurde durch den Vermittlungsausschluss am 11.12.2001 aufgenommen. Der Bundestag beschloss am 14.12.2001 die Neuregelungen und der Bundesrat stimmte am 20.12.2001 zu. Das Finanzgericht legte dem Verfassungsgericht die Frage vor, ob eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung für den Erhebungszeitraum 2001 angeordnet wurde.

Entscheidung
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat entschieden, dass die Rückwirkung der Regelung verfassungsgemäß ist, soweit der Zeitraum nach dem Vorschlag des Vermittlungsausschlusses am 11.12.2001 betroffen ist. Zu differenzieren ist zwischen einer echten und einer unechten Rückwirkung. Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn das Gesetz eine bereits entstandene Steuerschuld ändert. Diese sind generell unzulässig. Entsteht die Steuer erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums, wirken Rechtsänderungen nur unecht zurück. Diese sind zulässige, wenn der Steuerpflichtige mit einer entsprechenden Rechtsänderung rechnen muss und daher kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage hat. Bereits der Vorschlag des Vermittlungsausschlusses hatte hier das Vertrauen beseitigt.

Konsequenz
Die Entscheidung verdeutlicht, dass laufende Gesetzgebungsverfahren strengstens zu beobachten sind, da der Vertrauensschutz bereits frühzeitig zerstört werden kann. Betroffene Steuerpflichtige, die die Steuerbescheide für das Jahr 2001 offen gehalten haben, können nach den o. g. Grundsätzen mit Steuerrückzahlungen rechnen.

2. Kürzung des Urlaubs bei Kurzarbeit zulässig

Kernfrage
In Kurzarbeit beschäftigte Arbeitnehmer erbringen bis hin zu sogenannter "Kurzarbeit null" ihre Arbeitsleistung nur in eingeschränktem Umfang. Gleichzeitig erhalten sie nur ihr anteiliges Gehalt und Kurzarbeitergeld. Unabhängig davon bleibt das Arbeitsverhältnis unverändert bestehen; auch der Urlaubsanspruch entsteht während der Kurzarbeit weiter. Streitig war aber, ob der arbeitsvertragliche Urlaubsanspruch entsprechend des Kurzarbeitsanteils gekürzt werden konnte. Denn parallel gilt der Grundsatz, dass der Urlaubsanspruch erhalten bleibt, wenn Arbeitnehmer ihren Urlaub aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen nicht nehmen können. Vor diesem Hintergrund hatte der Europäische Gerichtshof über folgende Vorlagefrage des Arbeitsgerichts Passau zu entscheiden: Steht das Unionsrecht nationalem Recht oder Gepflogenheiten in Form eines Sozialplans entgegen, nach denen sich der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub in der Zeit, in denen sich das Unternehmen in der Krise befindet, im Verhältnis zur Arbeitszeitverkürzung verringert?

Sachverhalt
Die Kläger waren beim Arbeitgeber in Kurzarbeit null beschäftigt; die Kläger brauchten nicht zu arbeiten, der Arbeitgeber zahlte keine Löhne. In einem Sozialplan zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat war vereinbart, dass sich der Urlaubsanspruch entsprechend der Arbeitszeitverkürzung verringert. Mit ihren Klagen machten die Kläger die Abgeltung des während der Kurzarbeit nicht genommenen Urlaubs geltend, weil sie ihren Urlaub aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen nicht hätten nehmen können. Sie seien daher mit Arbeitnehmern vergleichbar, die krankheitsbedingt ihren Urlaub nicht nehmen konnten. Diesen stünde eine Urlaubsabgeltung zu.

Entscheidung
Der Europäische Gerichtshof urteilte zugunsten des Arbeitgebers und erachtete die Urlaubsverringerung als zulässig. Die Situation der Kurzarbeit sei nicht mit der eines erkrankten Arbeitnehmers vergleichbar. Vielmehr seien in Kurzarbeit beschäftigte Arbeitnehmer mit teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern vergleichbar, für die eine anteilige Kürzung arbeitsvertraglicher Ansprüche zulässig sei.

Konsequenz
Die Entscheidung gilt nicht nur für die Kurzarbeit null, sondern für alle Formen der Kurzarbeit. Bei Kurzarbeit können arbeitsvertragliche Ansprüche entsprechend der Arbeitszeitverkürzung ebenfalls gekürzt werden.

3. Gelangensbestätigung: Praktikable Lösung in Sicht

Rechtslage
Mit Wirkung zum 1.1.2012 wurden die Nachweispflichten für innergemeinschaftliche Lieferungen erheblich verschärft. Die "Gelangensbestätigung" ersetzte die bisher erforderlichen Nachweise. Aufgrund massiver Proteste gegen die kaum praktikable Neuregelung versprach das Bundesfinanzministerium (BMF) Besserung. Den Unternehmen wurde bis zu einer erneuten Änderung der Nachweispflichten zugestanden, die Nachweise noch gemäß der bis zum 31.12.2011 geltenden Rechtslage zu führen. Nun liegt der Entwurf der Neuregelung vor.

Neue Verwaltungsanweisung (Entwurf)
Der neue Entwurf lässt nun neben der Gelangensbestätigung auch alternative Nachweise zu. So können die Nachweise unter bestimmten Voraussetzungen auch durch handelsrechtliche Frachtbriefe, Spediteurbescheinigungen, tracking-and-tracing-Protokolle oder Empfangsbestätigungen von Postdienstleistern geführt werden. Darüber hinaus werden die Anforderungen an die Gelangensbestätigung reduziert.

Konsequenzen
Der Entwurf stellt eine wesentliche Vereinfachung gegenüber dem letzten Versuch des BMF dar. Der Verzicht auf die Gelangensbestätigung als einzig gültigen Nachweis trägt hierzu wesentlich bei. Allerdings ist insoweit Vorsicht geboten, als die Anforderungen an die alternativ zu erbringenden Nachweise zum Teil strikter ausfallen als für die Gelangensbestätigung. So kann bei einer elektronischen Übermittlung der Gelangensbestätigung auf eine Unterschrift des Empfängers verzichtet werden, nicht jedoch, wenn statt dessen der Nachweis über den Frachtbrief erbracht wird. Die Bundessteuerberaterkammer sowie der Deutsche Steuerberaterverband fordern daher in Details noch Nachbesserungen. Die Unternehmen müssen somit die endgültige Regelung abwarten. Da das BMF den Unternehmen bis zum 30.6.2013 die Möglichkeit lässt, weiterhin die Nachweise noch nach der bis zum 31.12.2011 gültigen Rechtslage zu erbringen, dürfte genug Zeit verbleiben, um sich auf die Neuregelung einzustellen.

4. Kfz-Nutzung: Ist die 1 %-Methode verfassungsgemäß?

Rechtslage
Die private Nutzung betrieblicher Kfz sowohl durch Arbeitnehmer als auch durch die Unternehmer selbst unterliegt der Ertrags- und Umsatzbesteuerung. Zur Ermittlung der auf die private Nutzung entfallenden Steuern wird regelmäßig die 1 %-Methode eingesetzt. Diese zieht als Bemessungsgrundlage den Bruttolistenpreis heran. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die 1 %-Methode wiederholt als zulässige Pauschalierung qualifiziert, auch dann, wenn sie definitiv zu einer Überbesteuerung führt. Der BFH begründete dies mit dem Hinweis, dass Unternehmen die Fahrtenbuchmethode als Alternative zur 1 %-Methode zur Verfügung stehe. Mittlerweile ist aber wieder Bewegung in die Sache gekommen.

Sachverhalt
Das Finanzgericht Niedersachsen hatte kürzlich darüber zu entscheiden, ob die Besteuerung nach der 1 %-Methode noch verfassungsgemäß ist. Der Kläger wandte sich gegen den Ansatz des Bruttolistenpreises, da dieser bei Kauf eines Kfz nicht die Regel, sondern aufgrund der branchenüblichen Rabatte, die Ausnahme darstelle.

Entscheidung
Die Richter wiesen die Klage ab, ließen jedoch die Revision beim BFH zu, die mittlerweile anhängig ist.

Konsequenzen
Es ist aktuell zu prüfen, ob aufgrund des anhängigen Verfahrens Einspruch gegen die Besteuerung der Kfz-Nutzung auf Basis der 1 %-Methode eingelegt werden soll. Die Erfolgsaussichten des Verfahrens sind angesichts der bisherigen Rechtsprechung des BFH allerdings fraglich. Dem steht gegenüber, dass die 1 %-Methode häufig zu einer Überbesteuerung führt, so dass sich ein Verfahren lohnen würde. Wer sich nicht auf das Verfahren verlassen will, muss weiterhin ein Fahrtenbuch führen. Da dies jedoch mit erheblichem Aufwand verbunden ist und häufig schon bei kleinen Mängeln durch die Finanzverwaltung verworfen wird, greift die Praxis selten hierauf zurück.

5. Korrektur von Rechnungen bei Umkehr der Steuerschuldnerschaft

Rechtslage
Was früher als Ausnahmevorschrift angedacht war, hat sich mittlerweile in vielen Bereichen zur Regel entwickelt: die Umkehr der Steuerschuldnerschaft. Ob bei Bauleistungen, Leistungen im Ausland ansässiger Unternehmen, Schrottlieferungen etc., häufig schuldet nicht der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer, sondern der Leistungsempfänger. Die Abrechnung durch den leistenden Unternehmer muss netto erfolgen; dieser muss auf die Umkehr der Steuerschuldnerschaft hinweisen. Nicht selten wird dies in der Praxis übersehen und Umsatzsteuer ausgewiesen. Das hat zur Folge, dass der leistende Unternehmer die falsch ausgewiesene Umsatzsteuer schuldet. Der Leistungsempfänger hat hieraus keinen Vorsteuerabzug und muss die von ihm geschuldete Umsatzsteuer ans Finanzamt abführen. Hier ist eine Korrektur angebracht, nur wie?

Neue Verwaltungsanweisung
Die Oberfinanzdirektion (OFD) Karlsruhe hat sich der Problematik angenommen. Demnach besteht eine Korrekturanspruch für den leistenden Unternehmer erst dann, wenn die zu viel vom Leistungsempfänger eingenommene Umsatzsteuer wieder an diesen zurückbezahlt wird.

Konsequenzen
Wie auch in anderen Fällen, z. B. bei Überzahlungen, setzt die Korrektur der Umsatzsteuer die Erstattung des zu viel erhaltenen Betrags voraus. Hierdurch wird verhindert, dass der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer doppelt kassiert, einmal vom Leistungsempfänger und anschließend durch Korrektur der Rechnung ohne Rückzahlung an den Leistungsempfänger. Allerdings hilft die Regelung dem Leistungsempfänger nicht, sofern er Probleme hat, seinen Anspruch auf Korrektur der Rechnung durchzusetzen. Denn für den Rechnungsaussteller ist es unerheblich, ob er die Umsatzsteuer gesetzlich schuldet oder aufgrund des fehlerhaften Ausweises. Deshalb sollten Eingangsrechnungen bei den betroffenen Leistungen bzw. den entsprechenden Branchen gründlich geprüft werden, um eine unberechtigte Auszahlung zu verhindern. Hierbei ist die Vereinfachungsregelung des Abschn. 13.8 des Umsatzsteueranwendungserlasses (UStAE) zu beachten. Demnach wird es in bestimmten Fällen nicht beanstandet, wenn der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger von der Umkehr der Steuerschuldnerschaft ausgehen, auch wenn sich dies später als falsch herausstellt. Das setzt allerdings voraus, dass der Leistungsempfänger die einbehaltene Umsatzsteuer korrekt ans Finanzamt abführt.

6. Markt- und Flexibilitätsprämie nach dem EEG in der Umsatzsteuer

Rechtslage
Zum 1.1.2012 wurde das EEG (Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien) neu gefasst. U. a. wurden die Markt- sowie die Flexibilitätsprämie eingeführt. Die Marktprämie wird Anlagenbetreibern gewährt, die ihren Strom direkt vermarkten. Der Strom wird dabei nicht an den Netzbetreiber veräußert, sondern an andere Abnehmer. Die Flexibilitätsprämie kann von Betreibern von Biogasanlagen neben der Marktprämie in Anspruch genommen werden. Mit der Prämie soll ein Anreiz geschaffen werden, zusätzliche Kapazitäten bereit zu stellen, die jedoch nicht permanent abgerufen werden. Ziel der Prämie ist es, flexibler auf die stark schwankende Nachfrage nach Strom reagieren zu können.

Neue Verwaltungsanweisung
Nach Ansicht des Bundesfinanzministeriums (BMF) handelt es sich sowohl bei der Markt- als auch bei der Flexibilitätsprämie um echte nicht steuerbare Zuschüsse.

Konsequenz
Durch das Schreiben des BMF wird nun klargestellt, dass die Prämien nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Dies war in der Finanzverwaltung bisher nicht ganz unumstritten. So hatte die Oberfinanzdirektion (OFD) Niedersachsen noch zu Beginn des Jahres die Prämien als steuerpflichtiges Entgelt von dritter Seite qualifiziert. Dies ist wohl auch der Grund dafür, dass das BMF eine Übergangsregelung gewährt. So wird für Stromlieferungen, die vor dem 1.1.2013 erfolgen, der Vorsteuerabzug gewährt, wenn die Prämien mit Ausweis von Umsatzsteuer abgerechnet werden.

7. Steuerfreie Übertragungen von Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens in das Gesamthandsvermögen

Kernproblem
Überlässt der Gesellschafter einer Personengesellschaft dieser Wirtschaftsgüter zur Nutzung (z. B. Grundstücke), stellen die Wirtschaftsgüter regelmäßig Sonderbetriebsvermögen bei der Personengesellschaft dar. Überträgt er diese Wirtschaftsgüter unentgeltlich und/oder gegen Gewährung von Gesellschafterrechten auf die Gesellschaft, so ist der Vorgang zwingend zu Buchwerten durchzuführen. Bei einer entgeltlichen Veräußerung hingegen sind die stillen Reserven vollumfänglich aufzudecken. Unklar war bislang, wie die teilentgeltliche Veräußerung, bei der das gezahlte Entgelt unterhalb des Verkehrswerts liegt, steuerlich zu beurteilen ist.

Sachverhalt
Der Kläger war im Streitjahr als Kommanditist zu 70 % an einer gewerblichen GmbH & Co. KG beteiligt. Das der GmbH & Co. KG vermietete bebaute Grundstück stellte unzweifelhaft Sonderbetriebsvermögen dar (Buchwert in der Sonderbilanz: ca. 1,0 Mio. EUR). Im Streitjahr übertrug der Kläger das Grundstück, das einen Verkehrswert von rund 1,5 Mio. EUR und somit stille Reserven von 0,5 Mio. EUR hatte, auf die GmbH & Co. KG. Diese übernahm im Gegenzug die auf dem Grundstück lastende Verbindlichkeit von 0,3 Mio. EUR. Im Verhältnis zum Verkehrswert machte die übernommene Verbindlichkeit somit 20 % aus. Nach Auffassung des Finanzamts waren stille Reserven im Umfang von 20 % (0,1 Mio. EUR) in der Sonderbilanz des Klägers aufzudecken. Einspruch und Klage des Kommanditisten hatten keinen Erfolg.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) gab schließlich doch dem Kläger Recht. Nach Auffassung der Richter ist bei der teilentgeltlichen Übertragung von Wirtschaftsgütern aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen von einer Gewinnrealisierung abzusehen, wenn das Entgelt hinter dem Buchwert zurückbleibt. Eine anteilige Gewinnrealisierung komme nicht in Betracht. Auch sei eine steuerpflichtige Entnahme abzulehnen, da bei Übertragungen aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen das übertragene Wirtschaftsgut das Betriebsvermögen der Personengesellschaft zu keinem Zeitpunkt verlasse.

Konsequenz
Die Entscheidung des BFH stellt eine konsequente Fortsetzung der jüngst angelegten Rechtsprechung des zuständigen Senats dar. Das Gericht widerspricht dabei explizit der Auffassung des im Dezember 2011 veröffentlichten BMF-Schreibens. Steuerpflichtige können somit zukünftig Wirtschaftsgüter ihres Sonderbetriebsvermögens auch bei teilentgeltlichen Rechtsgeschäften steuerneutral auf die Personengesellschaft übertragen, wenn und soweit das Entgelt unterhalb des Buchwerts des übertragenen Wirtschaftsguts liegt.

8. Wer vertritt eine AG im Rechtsstreit gegen eine GmbH?

Kernaussage
Eine Aktiengesellschaft (AG) wird gegenüber (gegenwärtigen oder ehemaligen) Vorstandsmitgliedern gerichtlich und außergerichtlich durch den Aufsichtsrat vertreten. Die gleiche Vertretungsregelung für die AG gilt gegenüber einer anderen Gesellschaft, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ein (früheres) Vorstandsmitglied der AG ist, und mit diesem wirtschaftlich identisch ist.

Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH, deren alleiniger Gesellschafterin und Geschäftsführerin eine natürliche Person ist. Seit April 2007 war diese für die beklagte AG beratend tätig; sie wurde im Juli 2008 zum weiteren Vorstandsmitglied der AG bestellt und im Dezember 2008 mit sofortiger Wirkung abberufen. Die Parteien streiten insbesondere darum, ob der in diesem Zeitraum erbrachten Beraterleistung ein wirksamer Beratervertrag zugrunde liegt. Der Vertrag wurde nämlich im November 2008 auf Seiten der GmbH durch die Gesellschafter-Geschäftsführerin und auf Seiten der AG durch die weiteren Vorstandsmitglieder unterzeichnet. Die GmbH erhob gegen die AG, "gesetzlich vertreten durch deren Vorstandsvorsitzenden", Klage und begehrt Zahlung der Vergütung in Höhe von rund 385.000 EUR. Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Entscheidung
Die Klage ist bereits unzulässig, da die AG nicht nach den gesetzlichen Vorschriften vertreten ist. Bei Streitigkeiten mit einem amtierenden oder ehemaligen Vorstandsmitglied ist gesetzlicher Vertreter der AG deren Aufsichtsrat. Dies gilt auch in einem Prozess zwischen einer AG und einer GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ein früheres Vorstandsmitglied der AG ist und Ansprüche aus einem geschlossenen Beratervertrag streitig sind. Insofern ist von einer wirtschaftlichen Identität auszugehen. Darüber hinaus gilt die Regelung, dass eine AG gegenüber Vorstandsmitgliedern gerichtlich und außergerichtlich durch den Aufsichtsrat vertreten wird, für alle Verträge oder Rechtsstreitigkeiten zwischen der AG und ihrem Vorstandsmitglied, soweit sie einen sachlichen Zusammenhang mit der Vorstandstätigkeit aufweisen. Dies ist insbesondere bei Beraterverträgen der Fall.

Konsequenz
Die Grundsätze des Urteils sind nur auf Fälle anzuwenden, in denen ein Dritter mit dem Vorstandsmitglied wirtschaftlich identisch ist, insbesondere wenn es sich und eine Ein-Person-Gesellschaft des Vorstandsmitglieds handelt. Bei einer lediglich maßgeblichen Beteiligung des Vorstandsmitglieds oder in sonstigen Fällen ist die Annahme der wirtschaftlichen Identität restriktiv zu handhaben.

9. Aufrechnung im Insolvenzverfahren

Kernaussage
Gerät ein Steuerpflichtiger in Insolvenz, besteht für das Finanzamt oft nur dann eine aussichtsreiche Möglichkeit, offene Umsatzsteuerforderungen aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu realisieren, wenn es seine Forderungen gegen Zahlungsansprüche des betreffenden Unternehmens (etwa aus Vorsteuerüberhängen in anderen Veranlagungszeiträumen) aufrechnen kann. Die Insolvenzordnung lässt eine solche Aufrechnung im Insolvenzverfahren (und damit eine abgesonderte Befriedigung eines Insolvenzgläubigers) zwar grundsätzlich zu. Sie verbietet sie jedoch, soweit der Insolvenzgläubiger dem Schuldner erst nach Eröffnung des Verfahrens etwas schuldig geworden ist. Das war nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) dann nicht der Fall - eine Aufrechnung war also zulässig -, wenn der Anspruch des Steuerpflichtigen zwar steuerrechtlich erst während des Insolvenzverfahrens entstanden war, jedoch auf dem Ausgleich einer vor Verfahrenseröffnung erfolgten Steuerfestsetzung beruhte, insbesondere etwa einer Umsatzsteuerberichtigung wegen Uneinbringlichwerden des Entgelts. Der BFH hat jetzt diese Rechtsprechung in 2 Urteilen aufgegeben. Eine Aufrechnung ist nur noch dann zulässig, wenn der Berichtigungstatbestand schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten ist, wie es bei der Berichtigung von Vorsteuerbeträgen zu Lasten des Insolvenzschuldners häufig der Fall sein wird.

Sachverhalt
In beiden entschiedenen Fällen klagte der Insolvenzverwalter einer jeweils in 2002 insolvent gewordenen GmbH. Im ersten Fall war eine Umsatzsteuerberichtigung zu Gunsten der GmbH erforderlich geworden, weil deren Geschäftspartner nach Insolvenzeröffnung ebenfalls insolvent und das Leistungsentgelt somit uneinbringlich geworden war. Das beklagte Finanzamt hatte die Aufrechnung mit seinen unbefriedigten Ansprüchen aus März, April und September 2001 erklärt. Der Insolvenzverwalter vertrat die Ansicht, eine Umsatzsteuerforderung sei erst dann entstanden, wenn der volle steuerrechtliche Tatbestand verwirklicht sei. Dies sei hier erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Fall gewesen, so dass eine Aufrechnung gesetzlich verboten sei. Der BFH gab dem Insolvenzverwalter Recht. Im zweiten Fall hatte die seit 2002 insolvente GmbH in 2001 Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben, die aufgrund hoher Vorsteuern in allen Monaten zu Vergütungen führten. Das Finanzamt setzte Umsatzsteuer fest und meinte, die in den Anmeldungen Januar bis August 2001 berücksichtigten Vorsteuern seien aufgrund des Insolvenzeröffnungsantrags im Schätzwege durch einen prozentualen Abschlag zu berichtigen. In entsprechenden Umbuchungsmitteilungen aus Dezember 2001 und Februar 2002 verrechnete das Finanzamt die Umsatzsteuerforderungen mit den für September bis November 2001 und Dezember 2001 angemeldeten Vergütungsforderungen. Nach Einwendungen des Insolvenzverwalters hiergegen erließ das Finanzamt einen Abrechnungsbescheid und stellte das Erlöschen der Vergütungsansprüche fest. Diesmal gab der BFH dem Finanzamt Recht.

Entscheidung
Im ersten Fall wurde eine Berichtigung der Umsatzsteuer zu Gunsten der insolventen GmbH deshalb erforderlich, weil dessen Geschäftspartner (nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens der GmbH) ebenfalls in Insolvenz geraten und das von diesem geschuldete Leistungsentgelt damit uneinbringlich geworden war. Gegen den dadurch ausgelösten Umsatzsteuererstattungsanspruch des Unternehmers durfte das Finanzamt Insolvenzforderungen nicht verrechnen. Im zweiten Fall urteilte der BFH, einer Entscheidung über die Zulässigkeit einer während des Insolvenzverfahrens erklärten Aufrechnung bedürfe es dann nicht, wenn Forderung und Gegenforderung im selben Besteuerungszeitraum entstanden und deshalb nach der Rechtsprechung des BFH gegeneinander zu verrechnen seien (sog. Saldierung). Hier seien die Aufrechnungsverbote nicht zu beachten. Da diese Saldierung in einem Steuerfestsetzungsbescheid nicht mehr vorgenommen werden könne, wenn vor Ablauf des betreffenden Steuerjahres das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, greife jene Verrechnung gleichsam automatisch; ein Streit über die Zulässigkeit einer zuvor vom Finanzamt erklärten Aufrechnung sei damit erledigt.

Konsequenz
Die Finanzverwaltung darf künftig nur noch mit eigenen Forderungen aufrechnen, wenn der Berichtigungstatbestand vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten ist.

10. Bildung von Rückstellungen wegen zukünftiger Betriebsprüfungen

Kernaussage
Betriebe, die wegen ihrer Größe mit regelmäßigen Betriebsprüfungen rechnen müssen, dürfen auch dann Rückstellungen für die Kosten künftiger Betriebsprüfungen bilden, wenn eine Prüfungsanordnung noch nicht ergangen ist.

Sachverhalt
Die klagende GmbH war als sogenannter Großbetrieb anzusehen. Daher musste sie aufgrund der Betriebsprüfungsordnung damit rechnen, dass die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen eines jeden Geschäftsjahres durch eine Betriebsprüfung kontrolliert wird. Weil sie insoweit von Mitwirkungspflichten betroffen ist, bildete die GmbH Rückstellungen für Beratungskosten. Diese Rückstellungen erkannte das beklagte Finanzamt nicht an. Die Bildung solcher Rückstellungen sei erst ab dem Zeitpunkt zulässig, in dem die nächste Prüfung angeordnet sei. Erst ab diesem Zeitpunkt sei das Entstehen der Kosten hinreichend sicher. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen Erfolg; die Bildung der Rückstellung war zulässig.

Entscheidung
Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) sieht die Betriebsprüfungsordnung vor, dass sich bei Großbetrieben der nächste durch Außenprüfung zu kontrollierende Zeitraum unmittelbar an den letzten Prüfungszeitraum anschließen soll. Daher sei aus Sicht der GmbH hinreichend sicher gewesen, dass sie in der Zukunft im Rahmen der Außenprüfung Beratungskosten würde zahlen müssen. Es genüge, dass die Verpflichtung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit innerhalb eines bestimmbaren und dem Belieben des Steuerpflichtigen entzogenen Zeitraums zu erfüllen sei. Diese Kosten seien auch wirtschaftlich dem zu prüfenden Wirtschaftsjahr zuzurechnen. Daher lägen die Voraussetzungen einer Rückstellungsbildung vor. Es sei insoweit nicht erheblich, dass eine Prüfungsanordnung noch nicht ergangen sei. Der erfolgswirksamen Bildung der Rückstellung stehe auch nicht entgegen, dass Steuern das Ergebnis nicht mindern dürfen. Bei den durch Rückstellung abgebildeten Aufwendungen handele es sich nicht um Steuern, sondern um Kosten der steuerlichen Beratung.

Konsequenz
Großbetriebe müssen aufgrund der Betriebsprüfungsordnung damit rechnen, dass jedes Wirtschaftsjahr einer Außenprüfung unterzogen wird. Weil die Außenprüfung überwiegend wahrscheinlich ist, ist auch der Bedarf steuerlicher Betreuung im Rahmen der Außenprüfung hinreichend konkretisiert. Daher dürfen Großbetriebe in jedem Jahr erfolgswirksam Rückstellungen für die Beratung im Rahmen der Betriebsprüfung bilden. Dies gilt auch dann, wenn die Betriebsprüfung noch nicht angeordnet ist.



Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen


 

Stephan Gißewski

Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
www.gißewski.de